Verabschiedet in der Sitzung des AK GEM am 06.11.2012
Der Arbeitskreis Gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder und Jugendlicher (AK GEM) begrüßt das Vorhaben, die Lehrerbildung in Berlin neu zu ordnen. Er nimmt zu den Empfehlungen der Expertenkommission unter inklusionsbezogenen Aspekten wie folgt Stellung:
- Der AK GEM begrüßt es, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskommission und damit der Weg zu einem inklusiven Bildungssystem in Berlin in den Empfehlungen der Expertenkommission einen hohen Stellenwert einnimmt (vgl. 5.3) und die dafür notwendigen Kompetenzen als Teil der allgemeinen Anforderungen an die Lehrerbildung in allen Lehrämtern angesehen wird (vgl. 2.3).
- Inklusion setzt voraus, dass alle Lehrkräfte in Berlin im Umgang mit Heterogenität und Behinderungen Kompetenzen erwerben. Die von der Expertenkommission darauf bezogenen Ziele werden vom AK GEM ausdrücklich begrüßt. Der für alle Lehrämter zur Realisierung vorgeschlagene Umfang von 12-15 Leistungspunkten erscheint dafür ausreichend. Der AK GEM empfiehlt, diesen Studienanteil entgegen der Begrifflichkeit der Expertenkommission nicht als ‚sonderpädagogische Grundqualifikation’, sondern als Grundqualifikation Inklusive Bildung zu bezeichnen, denn sie geht über sonderpädagogische Fachlichkeit erkennbar hinaus.
- Der AK GEM begrüßt es außerordentlich, dass die Expertenkommission – neben den 6 Leistungspunkten für Erziehungswissenschaft – für jede Fachdidaktik 3 Leistungspunkte für Inklusion ansetzt, denn Inklusive Bildung muss im jedem Unterrichtsfach umgesetzt werden (im Lehramt Grundschule je 3 Leistungspunkte für die drei Studienfelder/Fächer).
- Die Expertenkommission stellt die Unterausstattung mit Lehrkräften mit sonderpädagogischem Schwerpunkt dar (vgl. 4.2). Der AK GEM hat seit Jahren gefordert, dass neben dem bisherigen Lehramt Sonderpädagogik die sonderpädagogischen Teilgebiete Lernen, emotionale und soziale Entwicklung und Sprache (LES) in allen übrigen Lehrämtern als Zweitfach studiert werden können, um einerseits in diesen Förderbereichen das Defizit abzuschwächen, andererseits es mit der übrigen Lehramtskompetenz enger zu verbinden. Die Expertenkommission geht darüber hinaus und schlägt die vollständige Integration der sonderpädagogischen Studienrichtungen in die übrigen Lehrämter vor (vgl. 6.4). Diesen Vorschlag unterstützt der AK GEM. Damit besteht die Chance, dass die historische Trennung zwischen allgemeiner Pädagogik und Sonderpädagogik (mit seinen bis zu acht Teil-Pädagogiken) überwunden und dennoch die fachliche Spezifität erhalten bleibt.
- Der AK GEM unterstützt die Empfehlung, die drei Förderschwerpunkte Lernen, emotionale und soziale Entwicklung und Sprache (LES) zu einem Profilbereich im Lehramt mit dem Studienschwerpunkt Sonderpädagogik zu verdichten (vgl. 6.4).
- Die Expertenkommission schlägt außerdem vor, die Bedarfslücke an Lehrkräften mit sonderpädagogischem Schwerpunkt (für den inklusiven Unterricht, aber auch für die inklusionsorientierte Fortbildung und die sonderpädagogische Koordination an allgemeinen Schulen) zusätzlich durch einen berufsbegleitenden Master-Aufbaustudiengang Sonderpädagogik/Rehabilitationswissenschaft zu verringern (vgl. 6.5). Der AK GEM unterstützt diesen Vorschlag. Die derzeit von der Senatsverwaltung durchgeführte Weiterbildung zur Inklusion in der Schule sollte so in diesen Aufbaustudiengang überführt werden, dass die fachliche und berufspraktische Kompetenz von erfahrenen Lehrerinnen und Lehrern dort mit eingebracht werden kann. Ein Weiterbildungsstudiengang sollte darüber hinaus nicht als ‚Sonderpädagogik/Rehabilitationswissenschaft’, sondern als ‚Sonderpädagogik/Inklusion’ bezeichnet werden.
- Die Expertenkommission beschränkt sich auf Vorschläge für die nur mittelfristig wirksame Lehrerbildung. Um so wichtiger ist es, den Schulen ein qualifiziertes und systematisches Fortbildungsangebot zu machen, das über die gegenwärtigen, oft von regionalen Zufälligkeiten abhängigen Einzelveranstaltungen hinausgeht und die Schulen in die Lage versetzt, einen adaptiven Unterricht unter Bedingungen von Heterogenität zu realisieren. Zu dieser Fortbildung gehören auch prozessorientierte Diagnostik und Förderung sowie Teamarbeit und Beratungskompetenz, um so eine inklusive Schulentwicklung zu befördern.
- Um die geforderten 12-15 Leistungspunkte in Inklusion in der Lehrerausbildung zu verankern, ist sicherzustellen, dass das universitäre Lehrpersonal in Erziehungswissenschaft wie in allen Fachdidaktiken fachlich qualifiziert ist und entsprechende personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
- Für den ansteigenden Lehrbedarf und die erforderlichen Forschungen sind je eine erziehungswissenschaftliche Professur Inklusive Bildung (Lernen unter Bedingungen von Heterogenität) an HU und FU erforderlich.
- Der AK GEM fordert die politisch Verantwortlichen auf, angesichts der Notwendigkeit, den Weg zur Berliner inklusiven Schulentwicklung voranzubringen, die Vorschläge der Expertenkommission Lehrerbildung zügig umzusetzen .